Ein Penetrationstest (kurz: Pentest) ist ein simulierter Angriff auf ein IT-System, um Sicherheitslücken aufzudecken, bevor es ein echter Angreifer tut. Doch was passiert eigentlich, nachdem der Test abgeschlossen ist?
Der eigentliche Wert eines Pentests zeigt sich nicht in der Zahl der gefundenen Schwachstellen, sondern in den Konsequenzen, die daraus gezogen werden.
In diesem Beitrag erfahren Sie, wie Unternehmen die Ergebnisse eines Pentests zielführend nutzen und welche Maßnahmen im Anschluss wichtig sind, um die IT-Sicherheit nachhaltig zu verbessern.
Der Abschlussbericht – mehr als nur ein Dokument
Nach dem Test ist vor der Analyse: Der Pentest-Report bildet die Grundlage für alle weiteren Maßnahmen. Er liefert nicht nur technische Fakten, sondern auch strategische Entscheidungshilfen.
Inhalt und Aufbau eines Pentest-Reports
Ein typischer Pentest-Report besteht aus mehreren Bestandteilen:
- Executive Summary (für das Management):
- Übersicht der wichtigsten Erkenntnisse
- Empfehlungen zur Risikominimierung
- Strategische Handlungsfelder
- Technischer Bericht (für das IT-Team):
- Exploit-Details mit CVSS-Bewertung
- Angriffspfade und Screenshots
- Konkrete Maßnahmenvorschläge zur Behebung
Die Qualität des Berichts ist entscheidend für die Umsetzung, denn bekannte Schwachstellen bleiben häufig über Monate hinweg ungepatcht – ein hohes Risiko für Unternehmen.
Bewertung nach Relevanz und Auswirkungen
Nicht jede Schwachstelle muss sofort behoben werden. Entscheidend ist, wie leicht sie auszunutzen ist (z. B. durch öffentlich verfügbare Exploits) und welchen Schaden ein erfolgreicher Angriff verursachen würde. Besonders kritisch sind z. B. Lücken in Systemen mit direkter Internetanbindung, in Domänencontrollern oder in Bereichen mit personenbezogenen oder sensiblen Finanzdaten. Zusätzlich zu CVSS-Werten sollte eine Business Impact Analysis erfolgen: Welche Systeme sind geschäftskritisch? Wie stark wäre der Reputationsverlust bei Datenabfluss?
Schwachstellen priorisieren – was zuerst?
Nicht jede Schwachstelle muss sofort behoben werden. Entscheidend ist, wie leicht sie auszunutzen ist und welche Folgen ein erfolgreicher Angriff hätte. Dabei sollten sowohl technische als auch geschäftliche Aspekte in die Bewertung einfließen.
Technische Relevanz: Wie angreifbar ist das System?
Eine technische Bewertung basiert auf Faktoren wie der Verfügbarkeit öffentlicher Exploits, der Möglichkeit zur Umgehung von Authentifizierung oder der Gefahr von Remote Code Execution. Besonders kritisch sind Lücken in Systemen mit direkter Internetanbindung, in Domänencontrollern oder in Bereichen mit personenbezogenen oder sensiblen Finanzdaten. CVSS-Werte liefern dabei eine erste Orientierung, sollten aber nicht isoliert betrachtet werden.
Geschäftliche Auswirkungen: Was steht auf dem Spiel?
Technisch gravierende Lücken sind nicht automatisch die gefährlichsten – entscheidend ist auch der potenzielle Schaden für das Unternehmen. Eine Business Impact Analysis (BIA) zeigt, welche Systeme geschäftskritisch sind und wie stark ein Reputationsverlust oder Datenabfluss wiegen würde. Fragen wie „Welche Prozesse wären betroffen?“ oder „Wie lange könnte das Unternehmen ohne dieses System arbeiten?“ helfen bei der Einschätzung.
Risikobasierte Priorisierung
Idealerweise erfolgt die Priorisierung nach etablierten Risikomodellen wie dem OWASP Risk Rating oder unternehmensinternen Kriterien. Dabei werden Bedrohungspotenzial (Threat), Verwundbarkeit (Vulnerability) und Auswirkungen (Impact) miteinander in Beziehung gesetzt. Extern zugängliche Systeme mit hoher Kritikalität erhalten dabei regelmäßig die höchste Priorität.
Wer Schwachstellen konsequent nach technischem Risiko und geschäftlicher Auswirkung priorisiert, reduziert die Angriffsfläche am effektivsten – und richtet die Maßnahmen an den wirklichen Bedrohungen aus.
Quick Wins vs. Langfristmaßnahmen
Sind die kritischsten Schwachstellen identifiziert, stellt sich die Frage nach der Umsetzung: Welche Maßnahmen bringen schnell Sicherheit, und wo sind langfristige Investitionen nötig?
Kategorie | Beispiele | Aufwand | Wirkung |
Quick Wins | Zwei-Faktor-Authentifizierung aktivieren- Offene Ports schließen- Unnötige Accounts löschen | Gering | Hoch |
Langfristig Maßnahmen | Einführung von PAM-Systemen- Netzwerksegmentierung- Aufbau eines SIEM | Hoch | Strategisch hoch |
Balance finden – Sicherheit mit System
Ein durchdachter Maßnahmenplan kombiniert beide Ansätze: Quick Wins schaffen sofortige Entlastung, während parallel die Umsetzung nachhaltiger Sicherheitskonzepte vorbereitet wird. So lassen sich Ressourcen gezielt einsetzen und das IT-Sicherheitsniveau Schritt für Schritt verbessern.
Technische Maßnahmen – konkrete Umsetzung
Ist die Analyse abgeschlossen, beginnt die technische Arbeit und somit die eigentliche Umsetzungsphase. Die im Pentest gefundenen Schwachstellen müssen gezielt und strukturiert behoben werden.
Patch-Management und Software-Updates
Ein gut funktionierendes Patch-Management ist die Basis für jede IT-Sicherheitsstrategie. Studien zeigen, dass viele Exploits Schwachstellen nutzen, für die längst Patches existieren. Tools wie WSUS, SCCM oder kommerzielle Patch-Manager helfen, Updates automatisiert zu verteilen. Wichtig ist, regelmäßige Testzyklen einzuführen, um Inkompatibilitäten in Produktivumgebungen zu vermeiden.
Netzwerk-Restrukturierung und Segmentierung
Zero Trust ist kein Buzzword, sondern ein Sicherheitsprinzip: Niemandem wird per se vertraut. Netzwerke sollten logisch getrennt werden: z. B. Office-IT, Produktionsumgebung, Externe, Gäste. Firewalls und VLANs übernehmen die Steuerung des Datenflusses. Die Mikrosegmentierung erhöht die Sicherheit weiter – Systeme sind nur noch über klar definierte Pfade erreichbar.
Zugriffskontrollen und Privileged Access Management (PAM)
Besonders privilegierte Konten wie Admins oder Datenbank-User sind Hauptziel von Angreifern. PAM-Lösungen wie CyberArk oder BeyondTrust bieten zentrale Verwaltung, Protokollierung und temporäre Freigaben. Zugriffe können rollenbasiert vergeben und mit MFA abgesichert werden. Viele Datenschutzverletzungen sind auf ungeschützte privilegierte Konten zurückzuführen.
Hardening von Systemen und Anwendungen
System-Hardening ist ein kontinuierlicher Prozess: Entfernen nicht benötigter Software, Absichern von Schnittstellen, Aktivieren sicherer Protokolle (z. B. SSH statt Telnet) und Deaktivieren von Default-Zugängen. Tools wie Lynis oder CIS-CAT prüfen automatisch auf Abweichungen zu Best Practices. Gerade in Cloud- und Containerumgebungen sind automatisierte Hardening-Checks ein Muss.
Organisatorische Maßnahmen – nicht alles ist Technik
Viele Sicherheitslücken entstehen nicht durch Technik, sondern durch Prozesse und Menschen. Daher braucht es auch organisatorische Antworten auf die Erkenntnisse aus dem Pentest.
Prozesse anpassen
Incident Response Pläne müssen realistisch und regelmäßig getestet werden. Erkenntnisse aus dem Pentest geben Hinweise, wo Prozesse lückenhaft sind: etwa unklare Eskalationswege, fehlende Verantwortlichkeiten oder unzureichende Log-Daten. Ein effektiver Plan enthält klare Zuständigkeiten, Kommunikationsabläufe und Wiederherstellungsszenarien.
Schulungen und Awareness-Maßnahmen
Menschen bleiben das größte Risiko: Viele erfolgreiche Angriffe lassen sich auf menschliches Fehlverhalten zurückführen. Awareness-Kampagnen mit simulierten Phishing-Angriffen, interaktive Trainings und regelmäßige Schulungen sind essenziell. Inhalte sollten individuell auf Abteilungen und Rollen zugeschnitten sein.
Dokumentation und Compliance
Besonders in regulierten Branchen wie Finanzdienstleistung oder kritischer Infrastruktur (KRITIS) ist Dokumentation Pflicht. Maßnahmen müssen revisionssicher, nachvollziehbar und versionsgeprüft dokumentiert werden. Tools wie ISMS-Software oder GRC-Systeme helfen dabei. Die Einhaltung von ISO 27001, DORA oder NIS2 kann so effizient belegt werden.
Validierung – sind die Lücken wirklich geschlossen?
Die Umsetzung allein reicht nicht. Erst durch eine fundierte Nachprüfung wird klar, ob die getroffenen Maßnahmen greifen.
Retesting: Der zweite Blick
Ein Retest ist keine Option, sondern Best Practice. Er bestätigt, ob Schwachstellen erfolgreich behoben wurden oder ob sich neue Risiken eingeschlichen haben. Der Umfang des Retests sollte sich an den ursprünglichen Findings orientieren. Besonders bei kritischen CVEs empfiehlt sich eine erneute manuelle Prüfung.
Kontinuierliche Schwachstellenbewertung
Die Bedrohungslage ändert sich täglich. Tools wie Tenable, Qualys oder Rapid7 ermöglichen regelmäßige Scans, die automatisch neue CVEs prüfen. Diese Continuous Vulnerability Assessment ist essenziell, um auch zwischen den Pentests sicher zu bleiben.
Kommunikation und Reporting – intern und extern
IT-Sicherheit ist nicht nur eine technische, sondern auch eine kommunikative Aufgabe. Die Ergebnisse des Pentests müssen intern wie extern richtig eingeordnet werden.
Kommunikation mit dem Management
Das Management braucht keine technischen Details, sondern Entscheidungsgrundlagen. Risiken müssen in geschäftliche Auswirkungen übersetzt werden. Mögliche Kennzahlen: potenzieller wirtschaftlicher Schaden, gesetzliche Konsequenzen, Reputationsrisiken. So können Budgets für Folgeprojekte gesichert und strategische Entscheidungen vorbereitet werden.
Umgang mit Kunden, Partnern, Auditoren
Ein erfolgreich absolvierter Pentest ist ein Qualitätsmerkmal. Kunden und Geschäftspartner erwarten heute mehr als nur Zertifikate. Pentest-Reports (in anonymisierter Form), Statements zur Umsetzung von Maßnahmen oder die ISO 27001-Zertifizierung können Vertrauen aufbauen. Gleichzeitig muss sensibel kommuniziert werden, um Angriffsflächen nicht öffentlich zu machen.
Lessons Learned & strategische Weiterentwicklung
Ein guter Pentest bringt Erkenntnisse – nicht nur für den Moment, sondern für die langfristige Sicherheitsstrategie eines Unternehmens.
Erkenntnisse für die IT-Sicherheitsstrategie
Werden bestimmte Schwachstellen regelmäßig gefunden, liegt das Problem tiefer. Strategische Gegenmaßnahmen könnten z. B. ein neues Berechtigungskonzept, automatisierte Code-Reviews oder der Wechsel auf ein neues Framework sein. Auch das Timing von Pentests sollte angepasst werden: etwa regelmäßig vor Produktivnahmen oder nach größeren Architekturänderungen.
Pentests als Teil einer nachhaltigen Sicherheitsstrategie
Pentests sollten eingebettet sein in einen ganzheitlichen Sicherheitszyklus: kontinuierliche Schwachstellenanalysen, proaktives Monitoring (SIEM), Endpoint Detection & Response (EDR) und eine starke Governance-Struktur. Nur so entsteht echte Resilienz gegen die Bedrohungen von heute und morgen.
Was viele übersehen – Schritte, die den Unterschied machen
Einige Aspekte bleiben bei der Nachbereitung oft unberücksichtigt. Gerade diese machen jedoch den Unterschied zwischen „OK“ und wirklich professionell.
Sicherheitskultur verankern
Die Ergebnisse des Pentests sollten auch Führungskräften und Fachabteilungen zugänglich gemacht werden. Regelmäßige Security-Reports, All-Hands-Meetings mit Security-Themen oder das Einführen eines Security-Champions-Programms können helfen, Sicherheit als Teil der Unternehmenskultur zu etablieren.
Verträge und SLAs überprüfen
Sicherheitsanforderungen sollten auch in Verträge mit Dritten einfließen: etwa verpflichtende Pentests bei Lieferanten oder Reaktionszeiten bei Sicherheitsvorfällen. SLAs müssen regelmäßig überprüft und ggf. angepasst werden. Wichtig: die eigene Haftung im Ernstfall realistisch bewerten und absichern.
Threat Intelligence und Monitoring ausbauen
Threat Intelligence Feeds, Darknet-Überwachung oder Indicators of Compromise (IoCs) aus globalen Sicherheitsnetzwerken helfen, neue Bedrohungen frühzeitig zu erkennen. In Kombination mit SIEM und SOAR-Systemen lassen sich daraus automatisierte Reaktionen generieren, bevor ein Angriff Schaden anrichtet.
Fazit
Ein Pentest ist kein Selbstzweck, sondern der Auftakt für gezielte Maßnahmen. Erst wenn Schwachstellen priorisiert, behoben, dokumentiert und langfristig überwacht werden, entsteht echte Sicherheit. Wer die Ergebnisse konsequent nutzt, kann seine IT-Umgebung nicht nur absichern, sondern auch strategisch weiterentwickeln – und sich damit einen echten Wettbewerbsvorteil verschaffen.